Ereignisse wie ein runder Geburtstag sind Gründe zu feiern – und können doch manchmal unbewusst zu einer Sinnkrise führen. Wenn wir zu fixiert einen bestimmten Pfad verfolgen kann es sein, dass wir früher oder später einer Weggabelung begegnen – und reflektieren müssen, welchen Weg wir fortan weiter beschreiten.

Emilia ist eine intelligente junge Frau. Sie arbeitet in einer großen Anwaltskanzlei. Für ihre gute und präzise Arbeit und ihren enormen Einsatz wird sie dort geschätzt und anerkannt. Oft arbeitet sie bis spät in die Nacht oder opfert einen Teil des Wochenendes, wenn es die Dringlichkeit einer Causa verlangt. Auch ihr Freund arbeitet hart an seiner Karriere. Was den beruflichen Ehrgeiz und das Karrierestreben betrifft, passen sie gut zusammen und zeigen gegenseitiges Verständnis, wenn das Privatleben immer wieder zurückgesteckt werden muss.

In zwei Monaten wird Emilia ihren dreißigsten Geburtstag feiern. Es soll ein eindrucksvolles, gelungenes Fest werden, weshalb die Gäste schon vor einiger Zeit eine Safe-the-date-Nachricht bekommen haben. Ihre zwei besten Freundinnen arbeiten seit einer Woche an einer Video-Präsentation, die über Emilias bisheriges Leben erzählen und die hervorstechendsten Eigenschaften ihrer Person darstellen sollen. Die Location steht schon lange fest, die Cateringfirma ist ausgewählt.

Letzten Samstag wollten Emilia und ihr Freund klettern gehen. Alles war schon vorbereitet, sie waren praktisch schon auf dem Weg zum Auto, als er einen beruflichen Anruf bekam, umkehren und sich sofort mit einem dringenden Projekt beschäftigen musste. Emilia überlegte kurz und beschloss, alleine zu fahren.

Dieser Ausflug entwickelte sich ganz anders als erwartet.

Plötzlich war da geschenkte Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen, über den bevorstehenden runden Geburtstag nachzudenken. Ein dreißigster Geburtstag war ja auch ein Übergang in die tatsächliche Zeit des Erwachsenseins, eine Gelegenheit, darüber nachzudenken, was man bisher erreicht hatte und ob es genau das war, was man ursprünglich wollte. Vielleicht hatten sich Lebensziele und Lebensthemen unmerklich verschoben, und Emilia hatte sich damit arrangiert, weil vieles sich toll anfühlte. Sie hatte viel erreicht und war erfolgreich im Beruf. Sicher hatte sie sich manches anders vorgestellt, damals vor zehn Jahren, als sie zwanzig Jahre alt wurde. Je mehr sie sich gestattete, ihren Gedanken nachzuhängen, desto mehr kam so etwas auf wie Selbstzweifel. Diese innere Spannung war unangenehm und machte ihr ein wenig Angst, obwohl sie sich als selbstsichere und selbstbewusste Person einschätzte. Zielstrebig wie sie war, nahm sie sich vor, mit Hilfe psychologischer Beratung sich dieser Thematik zu stellen.

Lebensübergänge wie ein runder Geburtstag, aber auch Trennungen von nahestehenden Personen, unterschiedliche Arten familiärer Veränderungen führen manchmal zur Sinnkrise. Sie bringen uns dazu, unser bisheriges Leben zu hinterfragen, unsere Lebensausrichtung zu überprüfen und nach anderen Entwicklungsoptionen Ausschau zu halten: was ist mit den Wünschen von früher, mit den Sehnsüchten und Träumen? Wie waren damals die Vorstellungen, wie das Leben gelebt werden könnte? Anders? Freudiger? Spontaner? Entspannter? Oder vielleicht ernsthafter? Gewissenhafter? Nachhaltiger? Verantwortungsvoller?

Wie kann Emilia ihr Leben jenseits des dreißigsten Geburtstags leben? Was bleibt? Was wird sich ändern? Man kann gespannt sein. Schluss mit der Sinnkrise. Lass uns feiern.

Alles Gute zum Geburtstag, Emilia!

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